Gedankensteine
2019
Ich bin heute entlang der Küste gewandert
Habe die Meeresluft
tief in meine Lungen gesogen
Habe beobachtet
wie das türkisglänzende klare Meer
gegen die schroffen Felswände schlägt
Wusstest du
dass Steine das Wesen von uns Menschen
aufnehmen können?
Bei Berührung
füllen sie sich mit Wünschen, Hoffnungen
Erinnerungen, Gedanken
bis sie ganz warm in der Hand liegen
Ich sitze am Strand und höre nur
Meer
Die Wellen begrüßen den Sand
Meine Füße
noch nass vom Eintauchen
in Klarheit
In meiner Hosentasche
klirren meine Gedanken
aneinander
Wellington
2004
Die Sonne wirft lächelnd ihre Strahlen
durch vorbeiziehende Wolken
Bis auf den Boden
Ich fühle eine sanfte Brise auf meiner Haut
Im Gras liegend
Den Blick den lichtdurchfluteten Wäldern zugewandt
Ist das mein Augenblick des Glücks
Sonst nichts
Nur Dankbarkeit und Stille
Ich beobachte meine Gedanken
Wie sie beim nächsten Aufwind
leicht und schwungvoll davonfliegen
Bis sie am Himmel die Wolken begrüßen
800 km
2017
In der Luft
Eine Melodie
Eintauchen in lebendiges Treiben
Menschen. Gespräche
Gemeinsame Freude
Jubelrufe. Auch Tränen.
Ankommen
Sprachlos sein
Erste Worte finden
Umarmungen
Alles fällt ab
Entfernung. Zeit
Am Körper. Kein Gewicht
Schwerelos
Nur noch Freiheit
Leere auch
Ende und Neuanfang zugleich
Ultreia
2018
Der Morgen
als du im Dunkeln auf die Gasse hinausgetreten bist
Hinaus aus dem stillen Dorf
Die Straße nur dürftig beleuchtet
Du gehst
Schritt für Schritt
Steigst immer weiter bergauf
Im Rhythmus deines Atems
Bis dich die ersten Sonnenstrahlen wärmen
Und du hältst inne
Siehst in das Tal
Noch ganz bedeckt von Morgennebel
Als ob sich all die Schönheit vor deinen Augen
Verstecken möchte
Und du
Bist gefangen
In diesem perfekten Augenblick
Der See
2019
Der See atmet in seinem Rhythmus
Das Wasser spiegelt sich in abertausenden Wellen
Sie umspielen das Schilf am Ufer
und die Reling der Segelbote
Ich höre gedämpftes Stimmengewirr
Geschützt auf dieser Bank
Unter diesem Baum
An diesem See
Könnte ich unendlich lange Atemzüge machen
Auch wenn sich heute die Berge
hinter dunklen Wolkentürmen verbergen
und irgendeinen Groll aushegen
Bald werden die ersten Regentropfen
Blitz und Donner über den See schicken
Selbstzerstörung steht Dir
2008
Du wirfst alles in den Schmutz
Bis es zertreten und schäbig am Boden liegt
Weil sich Unglück so ausdrucksvoll beklagen lässt
Und weil die glücklichen Momente
Meist die ganz leisen sind
Über die man nicht prahlen kann